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Uni…. oder so ähnlich.

Posted in Bienvenidos!, puebla, uni with tags , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , on 19. August 2008 by Jakob

Bueno jetzt habe ich also auch den ersten Tag in meiner Uni als Student hinter mir und durfte feststellen, dass die Kurse wirklich schon alle angefangen haben. Heute morgen um 7 klingelte bereits der Wecker und riß mich jäh aus meinen Träumen. Um sieben Uhr. Für die Uni. Alles andere, als gewöhnlich für mich. Aber gut, was will man machen – ist nicht immer alles Urlaub in Mexico. Nach einer Dusche und einem Tee machte ich mich mit Enora auf den Weg. Sie hat den gleichen Kurs wie ich, und so muss man wenigstens nicht allein in aller Herrgottsfrühe aufstehen und durch die gerade erwachenden Strassen Pueblas taumeln.

Punkt acht standen wir vor unserem Raum, aber natürlich war kein Profe in Sicht. Wenigstens aber andere Studenten, wenn auch nur 3 weitere. Nach einer viertel Stunde (offiziell existiert hier kein akademisches Viertel – es ist eher die gewöhnliche mexikanische Unpünktlichkeit und die kann bis zu anderthalb Stunden dauern) stand ein älterer Mann in der Tür, Strohhut auf dem Kopf und einen Leinenbeutel über die Schultern. Er sollte uns zwei Stunden über Nahuatl erzählen. Die Sprache der Atzteken. Das tat er dann auch und zwar aus voller Überzeugung. Sprach von SEINER Kultur, die total logisch aufgebaut sei, dass alles im Leben Arbeit sei und die Feigen (Spanier) sich böse Geschichten über die Atzteken ausgedacht haben, damit man ein möglichst schlechtes Bild von ihnen bekomme. Aber, dass sei nicht korrekt, sie seien buena gente, ehrlich und fleißig – alles andere seien Lügen. Das ganze erinnerte mehr an eine politische Rede und ein Plädoyer für seine Kultur, als an Unterricht, aber das machte es nicht uninteressanter. Dazwischen erklärte er immer wieder, wie sich Worte im Nahuatl zusammensetzten und hoffte, dass wir auch alles verstanden. Sprach über Mathematik, den Körper, die Sonne, den Mond und die Erde und dass sich schlussendlich alles um die Vereinigung zweier Dinge drehe. Aber gut, ich will nicht weiter ins Detail gehen.

Danach presste ich mich in einen anderen, kleinen und stickigen Raum und sollte dort etwas über COLONIA hören. Konkret konnte ich mir darunter noch nichts vorstellen, aber es ging dann schließlich um die Eroberung Nueva Espanas. Alles erinnerte mehr an Schulunterricht, als an Uni und irgendwie wurde zuvor auch schon Lektüre ausgeteilt, die ich nach wie vor nicht habe. Aber gut, man muss auch ein bißchen auf den Ausländerbonus setzen.

Als ich dann am Mittag nach Hause kam, merkte ich, dass ich es schlicht nicht gewohnt bin, mich um 7 Uhr zu erheben. Nach dem Mittag fiel ich in mein Bett und schlief den Schlaf der Gerechten.

4 Uhr stand der nächste Kurs an: Historia de América Latina. Der Profe kam mit halbstündiger Verspätung und auch hier gab es bereits die ersten Hausaufgaben in der vergangenen Woche. Inhaltlich scheint es sehr básico zuzugehen. Einigen Studenten muss noch erklärt werden, welche Länder zu Lateinamerica gehören, anderen, dass Patagonia kein Land ist und wieder anderen, dass Mexiko keine Grenze zu Argentinien besitzt.

Trotz allem ist es nicht so einfach allem im Kurs zu folgen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich circa 25Leute in einem 30 Quadratmeter-Zimmer drängeln und es keine Fenster gibt. Nicht einzuschlafen ist also harte Arbeit. Ich merkte immer wieder, dass ich ab und zu mal ausstieg aber gut – man muss sich an alles gewöhnen. Nach dem Kurs sprach ich kurz mit dem Profe und ließ mir erklären, welche Lektüre wir benötigen würden. Zwei Chicos erwiesen sich dann schließlich als hilfreich und nahmen mich und eine Engländerin an die Hand, zeigten uns die Bib und erklärten uns im Schnelldurchlauf, wie man Bücher findet und sie sich ausleiht. Einziges Problem: Man benötigt einen Studentenausweis und den habe ich bislang nicht. Also vorerst keine Ausleihe. Morgen steht aber der Studentenausweis auf dem Plan.

Bueno, nach einem Kaffee bin ich nun auch langsam wieder wach und werd wohl heut Abend mal noch mit Enora zu Lucha Libre gehen. Das ist so ähnlich wie Wrestling und soll typisch mexikanisch sein. Claro que si, dass wir uns das mal anschauen müssen. Und schließlich ist die nächste Kampfarena nur zwei drei Blocks entfernt. So schauts für den Moment.

El Sol de Cholula.

Posted in Bienvenidos!, puebla with tags , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , on 27. Juli 2008 by Jakob

(Bild: Aguacero in Puebla) Der Vermieter, Dein Freund und Helfer. Irgendwie komisch – seit zwei Tagen wohne ich jetzt bei Gerardo und seiner Mama. Okay, daran ist jetzt nichts wirklich komisch, wenn man in Deutschland auch einfach so für die Zeit, bis die angemietete Wohnung frei ist, beim Vermieter einziehen würde. Aber wir sind eben nicht in Deutschland. Der Jakob und ich. Also ich.

Allerdings fühle ich mich bei den beiden wirklich sehr wohl. Ich habe mein Zimmer (also das von Gerardo, der für die Zeit ins Büro gezogen ist), kann machen und lassen, was ich will, kann kochen und entspannen. Eben wie ich will. Gestern bin ich dann, nach einer gehörigen Mütze Schlaf (Okay, länger als bis halb zehn wollte es auch ohne Wecker nicht werden), wieder ins Zentrum aufgebrochen. Ah ja, natürlich: Ich wohne momentan ein wenig außerhalb – aber mit dem Camion ist das kein Problem. Ich wollte meine Registrierung bei der Uni in geordnete Bahnen bringen. Jetzt, da ich einen Mietvertrag habe, kann ich das tun, weil ich damit auch eine eigene mexikanische Adresse habe. Und die wollen die haben. Für das Ausländerregister. Also dachte ich mir, besser jetzt, als später und ging erstmal zur Bank. (Bild: Strassenzug in Puebla) Dort musste ich 600 Pesos abdrücken für ein Formular, dass sich „Hoja de Ayuda“ nennt, aber nichts anderes ist, als ein Beleg dafür, dass ich vorab schon mal Geld für das Registrieren im Ausländerregister bezahlt habe. Auch in Mexiko kostet die Bürokratie Geld. Und wofür die 606 (genau, es waren 6 mehr) Pesos waren, konnte mir bisher aber keiner plausibel erklären. Danach machte ich kräftig Kopien. Mein Pass, mein mexikanisches Aufenthaltsdokument, der FM3 (alle Seiten, auch die leeren, jahaaa), Mietvertrag, Strom und Gasversorgung, „Hoja de Ayuda“ und eine Kopie des Ausweises meiner Vermieterin (oder besser Gastgeberin) rauschten in einem kleinen Copy-Shop neben der Uni in der Altstadt durch den Kopierer. Das Kopieren kostet zum Glück fast nix. Über 30 Seiten – 3 Pesos. Ja, der Kurs ist immernoch 1:16. Mit dem Stapel Papier und meinen Originalen flitzte ich wieder ins Edificio Carolino. Das ist das beeindruckende Hauptgebäude der BUAP, wo zum einen die Internationalen Beziehungen sitzen (jepp, die wohnen da) und zum anderen die Uni-Anwälte sitzen, die die Registrierung der ausländischen Studenten im Ausländerregister übernehmen. (Bild: Mein Campus an der BUAP) Die staunten auch nicht schlecht, als ich zwei Tage nach meinem ersten Aufkreuzen bereits mit allen erforderlichen Dokumenten wieder in der Tür stand. Nachdem ich meine Unterlagen dort hinterließ (das ging ihnen zu schnell – sie wollen die Registrierung con tranquilidad im August machen – bienvenidos en México!), hab ich das erste mal so etwas wie Sightseeing in Puebla gemacht. Dafür hatte ich zuvor nicht die Ruhe gefunden. Also schlenderte ich einige Strassen entlang, bewunderte die kolonialen, bunten und flachen Gebäude. Puebla ist nicht zu unrecht Welterbe der UNESCO, dachte ich mir und suchte mir den Weg zu meiner neuen Casa Colonial. In Vorfreude sozusagen, schaute ich mir mein Viertel genau an und setzte dann meinen Weg durch ein Künstlerviertel ins Zentrum fort. Auf einem Markt bestaunte ich Handwerkskunst und merkte mir schon mal, wo ich die Dekoration für mein Zimmer kaufen werde.  Als ich des Laufens müde geworden war, versuchte ich wieder mit dem Bus nach Hause zu finden. Erstaunlicherweise klappte das auch ohne größere Probleme und ich stieg tatsächlich an der Ecke aus, an der ich die Strasse nur noch ein paar Meter runterlaufen musste – zum Haus von Gerardo und seiner Mama. Ich ging ein wenig ins Internet und lud mir Reportagen und Podcasts beim Deutschlandfunk runter. Obama, Lufthansa-Streik, Kontaktlinsen, Egon Bahr zu Obama, Internationale Presseschau und und und. Und zu guter Letzt: den aktuellen Radiotatort. (Bild: Artensania in Puebla) Mit ausreichend Futter für den MP3-Player und für News-Hirn haute ich mich auf mein Bett und lauschte. Später tauchten Gerardo und seine Mama auf. Sie mussten noch zum Artz und machten sich auf den Weg.

(Irgendwann muss ich auch mal noch ein paar mehr Worte zu den beiden fallen lassen – aber dann wir das wieder sooo lang. Nur soviel: Die Familie liebt Deutschland, eine Tochter lebt in Essen mit ihrem Mann. Jan aus Dresden. Alle waren schon in Leipzig und Gerardos Novia studiert in Münster. Ebenso Deutsche. Noch Fragen? Gut. Mehr dazu später.)

Nachdem die beiden nach Einbruch der Dunkelheit zurückgekommen waren, schlug mir Gerardo vor, noch auf ein zwei Cervezas in eine „richtig mexikaische“ Kneipe zu gehen. Toller Vorschlag! Wusste gar nicht, dass Abendprogramm auch zur Betreuung designierter Mieter gehört. Aber cool. Gerardo fuhr seinen gelben Crossfox vom Hof, ich sprang ihm zur Seite und wir rauschten über die nächtlichen Strassen Pueblas. Stolz schob Gerardo eine CD in den Player – mit mindestens zehn deutschen Songs. Als als erstes „Du hast die Haare schön!“ aus den Lautssprechern plärrte, klärte ich ihn auf, dass das nicht wirklich typisch-deutsche Musik sei. Er erklärte sich glücklicherweise einverstanden, und spulte zu „Wir sind Helden“. Danach folgten glücklicherweise wieder lateinamerikanische Klänge: Maná, Café Tacuba, Juanes, Reggeaton. Hat sich nicht viel geändert seit 2005. Blaues FensterWir kamen in der Juarez an und parkten den Fox in eine Mini-klitzekleine Parklücke. Gerardo bewies Talent. Ganz ohne chocar – also anstoßen. Am Ende hatten wir vor 15, hinten 10 Zentimeter zum nächsten Wagen. Wir spazierten in die Cantina de los Remedios. (Bild: Buntes Fenster in Puebla)

Am Eingang versperrte zunächst eine Kette den direkten Zugang. Ein Schild prangte neben der Tür: „Keinen Zutritt haben: Bewaffnete, Besoffene, unter Drogen Stehende, Angehörige der Fuerzas Armadas in Uniform und Polizei.“ Kein Spaß. Wir wurden eingelassen und bestellten ein Tisch für zwei Personen beim Mesero. Der Laden war voll mit Menschen bis unter die Decke. Bunte Wände, bunte Decken, ein paar Säulen dazwischen, richtig groß. Wir schlugen uns zur Bar durch und warteten bei einer Runde Kauf-1-bekomm-2-Cervezas auf unseren Tisch. Irgendwann bekamen wir ihn auch im Gewühl, setzten uns, mampften ein paar Chips, mit Chilli und Limonen und ein bißchen Popcorn. In dieser Kantine waren fast so viele Kellner beschäftigt, wie Besucher. Aber mit einer beeindruckenden Aufmerksamkeit. Kaum war ein Bier alle, stand der Mesero Gewehr bei Fuß und öffnete das nächste Flasche, die bereits in einem mit Eis gefüllten Metalleimer auf ihren Verzehr wartete. Als dann um halb elf die Mariachis ihren Auftritt hatten kochte die Stimmung weiter hoch. An allen Tischen wurde getrunken, gegessen, gespielt. Eine wahnsinnig bunte Mischung an Menschen, Bürohengste, einfache Arbeiter, Jugendliche, Paare, Alte und Familien – alle vereint in diesem Laden. Toll. Nach drei Bier machten wir uns wieder auf den Weg. Gerardo setzte den Wagen aus der noch enger gewordenen Parklücke und wir rauschten davon.

Es ist in Mexiko üblich, dass man trinkt und fährt. Das hatten wir schon in D.F. Aber wo keine Kontrolle, da fährt man eben nach der Party. Normal. Darüber darf man sich nicht wundern. Schließlich kann man, sollte man doch einmal in eine Kontrolle geraten, den Polizisten auch ein paar Pesos in die Hand drücken. Asi funciona! Auf dem Heimweg hielten wir noch an einer Taqueria, schoben uns leckere Tacos Especial mit Limonen, Fleisch, Tomate, Zwiebeln und Salsa verde rein und fuhren nach Haus.

(Bild: Kirche am Zocalo von Cholula) Heute habe ich dann erneut versucht, auszuschlafen. Allerdings bin ich dafür offenbar zu ausgeruht. 8 Uhr war Schluss. Ich nahm eine Dusche (auch diesem Phänomen muss ich bei Gelegenheit einen eigenen Blogeintrag widmen – mexikanischen Duschen) und machte mir ein paar Rühreier mit Champignons, Zucchini, Tomaten und Zwiebeln. Gerardo war schon außer Haus gewesen und hatte frisch gepressten Orangensaft und Mangosaft mitgebracht. Nach den Frühstück ließ ich mir von ihm den Weg nach Cholula erklären.

Zwei Busse, also hier Camiones, musste ich nehmen, Ich versuchte mir seine Beschreibung zu behalten und schaffte es tatsächlich auch nach Cholula. Auch, wenn mir mein Stolz einen kleinen Umweg einbrockte. Ich hatte es nicht für nötig gehalten, den Chofer zu fragen, wo ich aussteigen müsste und als ich es dann doch für nötig hielt, waren wir ein bissl zu weit. Aber ich bin ja gut zu Fuß und wanderte den Weg zurück, hinein nach Cholula. Cholula ist eine Nachbarstadt von Puebla und bekannt für ihre große Pyramide. Mehr ein Berg, der von Menschhand geschaffen wurde und mit einer Kirche gekrönt wurde – dem Santuario de la Virgen de los Remedios. Ansonsten ist die Stadt klein und übersichtlich und, wer hätte daran gezweifel, mit einem großzügigen Zocalo ausgestattet.

Ich nahm Platz in einem Cafe unter den Balustraden der Municipalidad und bestellte eine Latte. (Bild: Pyramide von Cholula) Beobachtete die Menschen, sah einem Mädchen beim Taubenjagen zu, ließ die Gedanken schweifen und genoß die Sonne. Ein toller Moment. Wie gemacht für die Jever-Werbung. Keine Termine, keine Autos, kein Stress….

Später suchte ich mir den Weg hinauf auf die Pyramide und genoß von oben den tollen Blick über die Weite des Landes. Überall kleinere Kirchen, viel grün und leider noch kein Blick auf die Berge. Die hüllten sich weiter in Wolken. Als ich später wieder hinabstieg beobachtete ich ein interessantes Treiben. Auf einem Platz hatten indianische Mexikaner einen Mast zu einem Menschen-Karussell umfunktioniert, kletterten hinauf, gürteten sich mit Seilen und stürzten sich nach unten. Drehend. Dabei auf ihren Flöten spielend. Los Voladores de Cholula. Die fliegenden Menschen von Cholula – eine Bewegtbilderimpression gefällig? Bitte.

Später schlenderte ich durch die Strassen zurück zur Bushaltestelle. Vorbei an Kunsthandwerksläden, in denen man hätte alles kaufen können. Bunte Wandteppiche, Monde und Sonnen aus Ton, bunt angemalt, freundlich lachend, Masken, Schädel, Vasen und und und – ich hätte glatt in ganzes Haus neu einrichten mögen. (Bild: El Santuario de la Virgen de los Remedios) Wunderschöne Sachen. Ich hielt mich allerdings zurück und kaufte mir nur meine Sol de Cholula. Ein gelbe Sonne mit orangenen Strahlen – eine Art Plüschtier, nur eben ohne Plüsch, aber dafür handbemalt. Sie leistet jetzt meinem Herrn Knigge Gesellschaft. Knigge? Das ist der kleine braune Bär, den mir meine Mama 2005 vor meinem Südamerikatrip schenkte – damit einer auf mich und mein gutes Benehmen aufpasst. Und weil ich finde, dass er das bisher sehr gut gemacht hat, hat er sich meine kleine Sol de Cholula wirklich verdient. Sobald ich in mein eigenes zu Hause gezogen bin, werde ich wieder nach Cholula fahren und die ein oder andere Maske für meine Wände kaufen. Überleg‘ schon, wie ich die tollsten Sachen nach Deutschland exportieren kann. Ohh Mann, das wird nicht einfach – aber die Sachen sind unglaublich schön. Später schnappte ich mir wieder ein Camion Directo nach Puebla und meisterte den Weg nach Hause, als wär ich ihn schon immer gefahren. So entwickelt sich das hier.

PS: Es gibt mehr Bilder – zum Klicken, F11 drücken und geniessen: Rechts in der Seitenleiste, unter „…mehr Mexico“ -> Puebla und Cholula. Zeitnehmen, geniessen, mitreis(s)en lassen. Euer Jakob.