Das Leben in Puebla ist vorbei. Mein Leben in Puebla ist nach gut zehn Monaten am Wochenende endgültig zu Ende gegangen.Und jetzt, gerade als ich das hier schreibe, sitze ich wieder im Bus nach México, DF – zwei große Reisetaschen im unterem Stauraum und dazu einen großen Trekkingrucksack. Regen prasselt an die Frontscheibe unseres Primera-Clase-Busses und wir fahren in den Abend hinein in die Hauptstadt. Meine Sachen, die nach einem Jahr Mexico mit nach Deutschland wollen, sollen hier zunächst eine Interimsbleibe bekommen. Bei Bernhard und Paola. Die beiden, die mir bereits bei meinem Mexiko-Start im Juli vergangenen Jahres als Startbasis so hilfreich waren.
Und der Plan bei den beiden aufzuschlagen, sollte eigentlich erst am Freitag eintreten, aber meine kleine Golfküsten-Tour mit Daniel hat sich als schneller herausgestellt, als geplant, und so sind wir heute bereits wieder aus Veracruz raus, haben in Puebla einen Gepäck-Aufnehm-Stopp gemacht und werden die kommenden Tage in und um DF verbringen. Wenig zu tun ist da ja auch nicht.
Am Sonntag, nachdem ich problemlos meine Wohnung, bzw. mein Zimmer wieder zurückgegeben hatte, waren Daniel und ich in einen Bus nach Poza Rica gestartet. Poza Rica, dass ist eine Mega-Raffinerie mit einer 160tausend-Einwohner Stadt rundrum, mitten in den Bergen des nördlichen Veracruz (Staat) und lohnt laut LP keine Übernachtung. Wir schenkten den Ausführungen des LP glauben und setzten uns, kaum an einem recht minimalistisch, aber groß anmutenden Busterminal angekommen, in den nächsten Bus nach Papantla. Das ein Städtchen in der Nähe und ganz nah dran an El Tajín, eine spektakuläre archeologische Stätte der Totonaken. Allerdings mussten wir auch in Papantla feststellen, dass die Nachfahren der Totonaken wohl nicht mehr so große Städtebauer waren, wir ihre Vorfahren und so stellte sich auch Papantla als verdreckte, stinkende kleine Stadt heraus, in der überall der Gestank von Kompost und frittiertem Essen in der Luft lag und ihm zuweilen eine Prise Hund oder Urin beigemischt wurde. Ganz aus diesem Bild fiel der völlig blitzblank und hübsch herausgeputzte Zócalo – der so gar nicht in das Bild passen wollte, dass sich uns ergabm wenn man ihn einfach über eine Seitenstrasse hinter sich ließ.
Wir checkten in einem der besten (was nicht „sauber“ und „hübsch“ und auch nicht „teuer“ heißen soll) Hotels ein, handelten den Preis ein wenig herunter (zum Glück, denn den vollen wäre dieses Zimmer wirklich nicht wert gewesen) und genossen ein Bierchen auf einer Restaurant-Terasse mit Blick über den Zócalo. Das Klima war bereits wieder tropisch, heiß und feucht, auch in der Nacht, ganz so, wie wir es von der vergangenen Woche vom Pazifik gewohnt waren.
Am Montag wollten wir uns El Tajín, die alte Stadt der Totonaken in der Nähe anschauen, und wir hatten guten Grund zu hoffen, dass die Stätte nicht überlaufen sein wird. Seit der Schweinegrippen-Panik ist in Mexiko eigentlich keine Touristenattraktion mehr überlaufen – was gut für uns, aber schlecht für das Land ist.
Wir starteten am Dienstag morgen mit einem Frühstück auf dem Markt und einem großen Saft, checkten aus unserem Zimmer aus und parkten unsere kleinen Rucksäcke im Hotel. Dann schnappten wir uns einen kleinen Mikrobus, der uns nach 20 Minuten direkt vor den Ruinen herauswarf. Der Eingangbereich ist architektonisch gewagt, monumental mit viel Beton und irgendwann war das wohl auch mal modern.
Auf dem Platz vor dem Haupteingang waren totonakische Nachfahren gerade damit beschäftigt, ihr Voladores-Ritual an einem metallernen Pfahl vorzuführen und wir setzten uns in den Schatten und schauten ihnen bei ihrem fliegenden Tanz um den Mast zu. Die Voladores, ich hattte bereits am Anfang meiner mexikanischen Zeit einmal über eine Gruppe in Cholula berichtet, sind hier in Papantla eigentlich zu Haus und bei ihrem kleinen fliegendem Musik-Spektakel dreht es sich um ein Fruchtbarkeitsritual heranwachsender junger Männer.
Nachdem uns einer der Jungs fürs Zugucken eine nicht ganz freiwillige, weil obligatrorische Spende in einer von ihm festgesetzten Höhe abgefordert hatte, verschwanden wir im Haupteingang und machten uns daran, die Stadt zu erkunden. El Tajín, dass ist eine vergleichsweise große Ansammlung von Pyramiden und Ballspielplätzen (17 hat man bislang gefunden), die in vielen Fällen weitesgehend restauriert wurden und immernoch von einer beeindruckenden und gewaltigen Architektur zeugen. Die größe der Bauwerke sollte auch die Macht der jeweiligen Herrscher widerspiegeln, und wenn man durch diese Anlage läuft, bekommt man eine entfernte Ahnung davon, dass die Totonaken in ihrer Region wohl bis ins 12. Jh. keine unbedeutende Rolle zwischen Golf und Inland spielten. Und dazu kommt, dass bis heute nur ein geringer Prozentsatz der Anlage freigelegt und erschlossen ist.
Das wunderbare optisch, aber auch sonst erfrischende an der Anlage ist, dass sie im völligen Grünen liegt, umgeben vom einem dichten, buschartigen, tropischen Wald und die Pyramidenstümpfe ragen über eine kurze, saftig-grüne Wiese.
Die bekannteste Pyramide der Anlage ist die „Piramide de los nichos“, die „Nischenpyramide“, die sich heute auch noch auf den Autokennzeichen des Bundesstaates Veracruz wiederfindet. Sie ist zwischen 20 und 30 Meter hoch, und am kompletten Körper von Nischen durchsetzt. Und wenn man vor ihr steht und sie so vor diesem dichten, grünen Wald stehen sieht, hat man das Gefühl, mal wieder in einem Indiana Jones-Film zu sein. Alles in Allem, und das hätte ich vorher nicht gedacht, empfand ich die gesamte El Tajín-Anlage als so beeindruckend, dass sie ohne Weiteres in die Liste Teotihuacan, Palenque, Monte Albán und Chíchen Ítza mit aufgenommen werden muss, wenn man gefragt wird, welche archeologische Stätten man sich in Mexiko auf jeden Fall anschauen müsste.
Am Nachmittag, und weil wenig Schatten auf den Pyramiden auch mit ein wenig mehr Farbe, rollten wir mit einem Taxi zurück ins unangenehm riechende Papantla und schnappten uns (dummerweise) einen 2.Klasse-Bus nach Veracruz. Dummerweise deshalb, weil der Bus alle fünfzig Meter Passagiere aufnahm, lange Stopps machte und so das Doppelte der normalen Fahrzeit in die wichtigste Hafenstadt Mexikos, nämlich 6 Stunden, benötigte.
Wir hatten uns zunächst überlegt, einen Strandtag am Golf einzulegen, dass aber angesichts der nicht vorhandenen Schönheit der Golfstrände dann doch schnell verworfen und hatten uns so direkt nach Veracruz durchgeschlagen.
Hier stiegen wir spät in der Nacht in einem günstigem und passablem Hotel ab und wollten den nächsten Tag ein wenig die Stadt und den Hafen erkunden. Wir starteten am Vormittag und etwas später als am Vortag in den Tag und wechselten zunächst das Hostel. Eine Ecke weiter betrieb ein Galizier das Casa Blanca, dass nicht nur bedeutend aufgeräumter, sondern auch wirklich einen gemütlichen Charme und obendrein über eine Dachterasse verfügte.
Dann machten wir uns auf Erkundungstour. Die Besichtigung des Fort Ulúa, dass den Spaniern als wichtige Ankunftsstation während der Kolonialzeit und der mexikanischen Diktatur unter Porfirio Díaz als Gefängnis diente, musste ausfallen, weil das Zubringerboot, von dem uns die Touristinfo berichtet hatte, einfach nicht fahren wollte. Also durchliefen wir den Hafen, spazierten über lange Molen und sparten uns so am Ende die auch eher weniger spektakuläre Hafenrundfahrt, die man allerdings wesentlich spektakulärer gestalten könnte, wenn man dies als Tourismusanbieter auch wollen würde. Aber gut.
Am Nachmittag, nachdem wir uns nocheinmal unseren Teint um 2 Stufen abgedunkelt (oder gerötet) hatten, schlürften wir eine Coronita auf unserer Terasse und beschlossen, der Hitze mit einem Bad im Golf Abhilfe zu verschaffen. Der Himmel hatte sich bereits bedrohlich zu einem Gewitter zugezogen, dass bereits am Morgen die Straßen mit Wasser gefüllt hatte, aber die Tropfen wollten nicht fallen. Wir starteten an einen der eher schmutzigen, öffentlichen Srtände, die eigentlich noch viel zu nah am Übersee-Hafen liegen und „erfrischten“ uns in lauwarmen Golfwasser. Und froren, als wir herauskamen, weil das Wasser wirklich an Badewanne erinnerte.
Am Abend machten wir Nägel mit Köpfen. Wir studierten die Mexikokarte und den Lonely Planet und kamen zu dem Schluss, genug von Veracruz gesehen zu haben. Also packten wir uns huete morgen wieder zusammen und machten uns auf, die Golfküste und das feucht-heiße, tropische Klima wieder zu verlassen. Und so sitzen wir jetzt noch immer im Bus, kommen Mexiko City immer näher, während sich die Nacht inzwischen vollständig über Mexiko ausgebreitet hat.
Und in den kommenden Tagen steht uns ein Mix aus Kultur, Geschichte, Sightseeing, Natur und Freizeitspaß (Six Flags) bevor.
So weit.